Begriffsdefinition
In den letzten Jahren ist E-Commerce ein immer bedeutenderer Wirtschaftszweig geworden. Wörtlich übersetzt bedeutet E-Commerce (Electronic Commerce) einfach nur elektronischer bzw. digitaler Handel. Sämtliche Prozesse des Verkaufs eines Produktes oder einer Dienstleistung werden dabei digital abgewickelt. In der Praxis wird darunter aber auch oft das digitale Marketing, digitaler Vertrieb und alle Arten von digitalen Dienstleistungen sowie sämtliche dazugehörigen Geschäftsprozesse verstanden. Die genau verwendeten Medien sind dabei nicht relevant. Am bekanntesten davon ist der Onlinehandel mit Onlineshops, wie beispielsweise Amazon. In simpleren Fällen kann auch eine Bestellung via E-Mail dazu gezählt werden. Aber auch komplexere Systeme wie digitale Produktkonfigurationen zur Angebotslegung, digitale Dienstleistungen und mehr zählen zum Umfang des Electronic Commerce. Was mit einigen Pionieren und Vorreitern neuer Technologie begann, ist mittlerweile zu einem zentralen Wirtschaftsfaktor geworden und ein mehrschichtiger, komplexer Prozess geworden. Aus den heutigen Geschäftsmodellen wäre E-Commerce damit nicht mehr wegzudenken.
Merkmale
Electronic Commerce erfasst alle Prozesse, die den digitalen Verkauf eines Produktes oder einer Dienstleistung in einem Unternehmen abwickeln. Dazu zählen beispielsweise die digitale Akquise von Kund:innen durch digitales Marketing, eine digitale Präsenz des Unternehmens (Onlineshop, Webseite, Blog, etc.) und digitale Bezahlsysteme. Auch die After Sales Aktivitäten können durch CRM Systeme noch weiter erfasst und die Kundenbeziehungen dadurch verbessert werden. In größeren Unternehmen werden diese Elemente noch erweitert um ERP-Systeme, CPQ-Systeme und digitale Logistiklösungen wie beispielsweise automatisierte Warenlager. Damit man im E-Commerce Erfolg hat, müssen all diese Prozesse reibungslos miteinander funktionieren und aufeinander abgestimmt sein.
Das Ziel dabei ist, die Geschäftsprozesse in einem Unternehmen effizienter zu lösen und zu automatisieren, wodurch man sich Zeit und Kosten einsparen kann. Richtig umgesetzt, lässt sich damit mehr Umsatz mit weniger Aufwand generieren. Wie der Name mit Bezug zum Handel bereits erahnen lässt, ist die Optimierung der Verkaufsprozesse meist einer der ersten Schritte, die ein Unternehmen in diese Richtung unternimmt. Die Umsetzung in der Praxis kann dabei verschiedenste Formen annehmen, von einfachen Chatbots auf der Homepage oder im Webshop zur Verkaufsunterstützung, bis hin zu hochtechnischen Lösungen mit automatisiertem und auf KI-basierendem Web Scraping zur Leadgenerierung.
Die Basis dabei ist stets eine Form von digitaler Technologie, auf welcher das Unternehmen als Verkäufer Daten mit seinen Kund:innen als Käufer:innen austauscht. Eine wesentliche Aufgabe dabei ist, die bisher analogen Einschränkungen des Handels aufzuheben, wie beispielsweise die Öffnungszeiten eines Geschäfts oder die Notwendigkeit, Inventar physisch lagern zu müssen. Dadurch ist E-Commerce auch meistens Teil einer umfassenden Strategie zur Digitalisierung eines Unternehmens. Im Idealfall ersetzt der Electronic Commerce dadurch den physischen Kontakt mit dem Kunden komplett und Einkäufe von nicht-beratungsintensiven Produkten können vom Sofa aus erledigt werden.
Vorteile von E-Commerce
Warum sich Unternehmen mit dem Thema Electronic Commerce befassen sollten, hat vielerlei Gründe. Hier sind die Häufigsten Vorteile für Kund:innen und Unternehmen, die daraus resultieren:
Mit E-Commerce kann ein Kunde an 7 Tagen die Woche bestellen, 24 Stunden am Tag - und das vom Sofa aus.
Die Zeiten, in denen ein Kunde bei dir nur Montag bis Freitag von 08:30 bis 16:30 bei uns in der Filiale vor Ort bestellen konnte, sind vorbei. Ein richtig angewandtes E-Commerce System kennt keine Öffnungszeiten, keine Feiertage und wird auch nicht krank. Dein digitaler Shop hat für den Kunden also immer geöffnet und ist durch das Internet von jedem Ort auf der Welt aus erreichbar.
Zielgenaues Marketing
Durch digitales Marketing kannst du deine Zielgruppe präziser ansteuern denn je. Wenn deine Kund:innen ausschließlich Frauen sind zwischen 18 und 30, welche die Vogue lesen, einen Hund besitzen, Yoga machen und sich für vegane Ernährung interessieren, habst du damit die Möglichkeit, deine Werbung nur genau dieser Zielgruppe zu präsentieren. Zusätzlich sammeln die dabei verwendeten Programme jede Menge Daten über z.B. die Besucher:innen deines Webshops und lassen dich dadurch genaue Rückschlüsse darüber ziehen, welche Produkte oder Inhalte bei deiner Zielgruppe gut ankommen und welche nicht.
Kaufprozesse sind für Käufer und Verkäufer effizienter und zeitsparender.
Deine Kund:innen müssen keinen Verkäufer mehr aufsuchen und diesem erklären, wonach sie suchen. Wer ein passendes Produkt gefunden hat, kann den Bestellvorgang direkt abwickeln und muss lediglich die Zahlungs- und Versandinformationen bereitstellen. Das Unternehmen kann diese Bestellungen automatisiert erfassen und somit auch schneller bearbeiten.
Mehr Interaktionen mit unseren Kund:innen
Durch digitale Kommunikationskanäle wie E-Mail, Chats oder Social Media ist selbst für introvertierte Personen die Hemmschwelle sehr gering geworden, eine Meinung zu äußern, sich über ein Produkt zu informieren, Fragen zu stellen oder sich beraten zu lassen. Dadurch entstehen viel mehr Interaktionen zwischen Käufer und Verkäufer.
Präzise Daten aus den Geschäftsprozessen
Jede Sekunde, die Kund:innen auf deiner Webseite verbringen, jede Interaktion mit deinem Unternehmen auf Social Media, das Lesen eines Beitrags auf deinem Blog, jeder Klick und worauf genau geklickt wurde und noch vieles mehr - all das kannst du im E-Commerce genauestens erfassen und auswerten. Du erhälst damit einen genauen Einblick in das Verhalten deiner Kund:innen und kannst genau nachvollziehen, welche Produkte oder Inhalte beliebt sind und welche nicht. Damit kannst du das gesamte Unternehmen viel präziser steuern und hast echte Daten als Entscheidungsgrundlage, anstatt vage Vermutungen oder dein Bauchgefühl.
Leichte Erschließung neuer Märkte und Zielgruppen
Durch digitale Vertriebskanäle werden geographische Distanzen zu deinen Kundengruppen unbedeutend. Besonders kleinere Unternehmen, die in Marktnischen operieren, können so von einer Zentrale ausgehend das ganze Land, den ganzen Kontinent oder gar weltweit deren Zielgruppe beliefern, ohne physisch präsent zu sein.
Sobald Kund:innen eine Kaufentscheidung getroffen haben, kann diese sofort abgewickelt werden
Niemand muss mehr warten, bis ein/e Mitarbeiter:in frei ist für einen Termin oder die Filiale nach den Feiertagen wieder geöffnet hat. Hast du jemanden von deinem Produkt oder deiner Dienstleistung überzeugt, kann der Kauf im nächsten Moment erfolgen. Dadurch bleiben auch weniger Chancen für deine Konkurrenz mit deinen Kund:innen in Kontakt zu kommen.
Bessere Erreichbarkeit und Informationsfindung.
Auch am Wochenende oder nach den Öffnungszeiten kann man deine Kataloge durchblättern oder sich durch Informationen auf deiner Homepage (z.B. Blog) über deine Produkte informieren. Termine können online vereinbart werden, Sitzplätze können reserviert werden oder Videos über unsere Produkte und deren Funktion können jederzeit abgerufen werden.
Informationsaustausch kann in Echtzeit erfolgen.
Mit Live-Chats oder Chatbots kannst du in Echtzeit mit deinen Kund:innen interagieren, ihnen Fragen stellen oder sie nach ihrer Meinung zu deinem neuen Produkt fragen. Damit kann Feedback viel schneller in deinem Geschäftsprozess analysiert und eingebaut werden, um damit deine Produkte und Services zu verbessern. Du lernst dadurch schneller und stehst in direktem Austausch mit deiner Zielgruppe
Kleine Unternehmen können mit Konzernen konkurrieren
In der digitalen Welt spielt es keine Rolle, ob du einen 5-Personen Betrieb führst oder einen Konzern mit 5.000 Personen leitest. Dank Cloud-Lösungen in fast allen Bereichen können auch kleine Unternehmen dieselben Marketingkanäle nutzen, die gleiche Technologie zum Speichern und Managen von Daten, dieselbe Software für die Fakturierung, etc. Richtig angewandt können damit selbst die Kleinen im Spiel der Großen mitspielen - und dort sogar deren Vorteile wie kurze Entscheidungswege und Schnelligkeit zu einem Wettbewerbsvorteil ausbauen.
Geringe Transaktionskosten
Selbst kleine Unternehmen können heutzutage die gleichen, hochwertigen Systeme für Bezahlung, Lagerhaltung, oder Kundenbindung nutzen wie Großkonzerne. Mit vollautomatisierten Bezahlsystemen sind die Kosten der einzelnen Transaktion für die Abwicklung einer Bestellung auch um ein Vielfaches geringer als bei traditionellen Lösungen über Banken.
Viele Möglichkeiten zur Automatisierung und Einsparung von Personal
Die verschiedenen Möglichkeiten der Automatisierung in Bereichen der Buchhaltung, Rechnungslegung, Angebotserstellung, Lagerhaltung usw. lassen dich viele der täglichen, zeitintensiven Aufgaben vollautomatisch erledigen. Dadurch bleibt deinen Mitarbeiter:innen eine Menge Zeit erspart, die nun für wichtigere Aufgaben eingesetzt werden kann. Kleine Unternehmen, die sich im Wachstum befinden, können so an manchen Stellen auch vollständig auf den Aufbau von Personal verzichten und sich stattdessen auf digitale Lösungen konzentrieren, die vollautomatisch und fehlerfrei für einen arbeiten.
Räumliche Distanzen können vollständig eliminiert werden
Durch digitale Meetings und Videocalls können selbst beratungsintensive Produkte vermarktet und verkauft werden, ohne den Kund:innen jemals gegenüber gesessen zu sein. Dies spart außerdem eine Menge an Zeit und Reisekosten.
Omnichannelmarketing und Omnichannelvertrieb
Die digitale Welt entwickelt sich ständig weiter und das in einem rasanten Tempo. Neue Vertriebskanäle, Plattformen oder Interaktionsmöglichkeiten mit den Kund:innen kommen, entwickeln sich weiter und verschwinden teilweise auch wieder. Dies erzeugt zwar einen zusätzlichen Aufwand für Unternehmen, indem man auf verschiedenen Plattformen präsent ist, erlaubt aber die Customer Journey vielseitiger zu gestalten und auf vielfältige Weise mit deinen Kund:innen in Kontakt zu kommen.
Nachteile von E-Commerce
Doch bei all den Vorzügen von E-Commerce gibt es auch eine Schattenseite. Nicht immer sind Projekte für den Wandel eines Unternehmens von Erfolg gekrönt. Viele scheitern auch und wissen oft nicht warum. Hier sind die Häufigsten Fehlerquellen, die ein Unternehmen entlang des Weges zum digitalen Handel erwarten können:
Schwierige Umsetzung
Vor allem Unternehmen, die bisher mit Digitalisierung noch wenig zu tun hatten, stehen bei dieser Transformation vor einem Berg an Herausforderungen. Die Theorie klingt einfach, doch um den Webshop, das automatische Warenlager, den Kundenservice und die Produktion tatsächlich auf eine Linie zu bringen, ist ein sensibles Vorgehen notwendig, damit alle Prozesse am Ende richtig zusammenarbeiten. Sehr oft fehlt auch das entsprechende Know-how oder Geld für die Umsetzung einzelner Schritte. Soll man beispielsweise mit einem Webshop starten? Oder mit einer verbesserten Webseite? Mit der Automatisierung des Warenlagers? Mit digitalem Marketing? Mit einer Präsenz in sozialen Medien? Mit einem neuen ERP System? Viele Anbieter der jeweiligen Software sind auch wenig objektiv in deren Beratung und somit nicht geeignet als Informationsquelle, wodurch sich noch mehr Fallstricke ergeben. Hinzu kommt ein ständiges Weiterentwickeln der jeweiligen Technologie sowie mögliche rechtliche Fehlerquellen, beispielsweise bei den Versandarten oder notwendigen gesetzlichen Zulassungen in neuen Märkten. Ebenfalls nicht zu unterschätzen ist in gewissen Branchen der Aufwand durch Reklamationen und Rücksendungen - den noch dazu viele Kund:innen kostenlos erwarten.
Kommoditisierung und Vergleichbarkeit
Dein Webshop ist nur ein paar Klicks vom Smartphone deiner Kund:innen entfernt, der Shop deiner Konkurrenten aber auch. Dasselbe gilt übrigens auch für den Webshop des Billiganbieters aus Übersee. Der leichte Eintritt in neue Märkte führt auch zu einem Überangebot in den stark nachgefragten Branchen und erzeugt einen knallharten Wettbewerbsdruck. Egal welches Produkt du verkaufst, in der digitalen Welt ist ein alternativer Lieferant oder ein anderes Angebot schnell gefunden. Vergleichsportale heizen diesen Preiskampf noch zusätzlich an. Weiterhin sind heutzutage selbst detailreiche Informationen zu quasi allen Themen für jedermann zugänglich geworden. Eine kurze Google-Suche und ein paar Youtube-Tutorials und schon hat man selbst als Laie einen soliden Eindruck davon, worauf man achten sollte und was an einem Produkt genauer zu analysieren ist. Der Kunde hat damit sehr viel Macht im Kaufprozess bekommen. Unternehmen müssen deshalb einen wirklichen Mehrwert bieten mit einzigartigen Produkten und immer wieder neue Innovationen entwickeln, um sich in der Welt des E-Commerce abzuheben. Ansonsten droht man in eine Preisschlacht verwickelt zu werden, die man besonders gegen Anbieter aus Fernost nicht gewinnen kann.
Notwendiger Aufbau von Expertenwissen
Gibt es jemanden im Team, der Webseiten bauen kann? Gibt es jemanden, der dein ERP System konfigurieren kann? Gibt es jemanden, der dein digitales Marketing wirklich versteht und damit auch in deiner Branche planbare Ergebnisse erzielen kann? Einerseits sparst du dir durch Automatisierungen und effizientere, digitale Prozesse zwar Personal und Zeit, andererseits entsteht dabei der Bedarf an zusätzlichen Expert:innen im Team, um die dahinterliegenden Programme richtig zu bedienen. Neben dem Zurückgreifen auf externe Dienstleister, ist der Aufbau von Expertise und Wissensmanagement im Unternehmen daher für E-Commerce dringend notwendig und überfordert durch den zusätzlichen Aufwand vor allem kleine Betriebe.
Starker Druck auf Handelsunternehmen
In der analogen Welt reichte es beispielsweise aus, qualitative Schuhe aus Italien zu importieren und sie im Geschäft vor Ort zu verkaufen. Der Händler brachte damit ein neues Produkt in seine Region, erzeugte Mehrwert, konnte seine Marge aufschlagen und machte Gewinn. Dieses Geschäftsmodell wurde ab dem Moment obsolet, in dem man die Schuhe direkt beim Hersteller in Italien bestellen konnte - noch dazu mit mehr Auswahl und zu einem besseren Preis, ohne die Marge des Händlers. Traditionelle Händler stehen damit immer mehr unter Druck und sind gezwungen, neue Wege zu finden, sich zu differenzieren oder den Mehrwert für den Kunden zu erhöhen.
Reduktion der persönlichen Beziehungen
In vielen Branchen war es üblich einen Ansprechpartner für das jeweilige Produkt mit einer echten, zwischenmenschlichen Beziehung zu haben. Selbst in einem Modegeschäft kann die persönliche Beratung durch geschultes und professionelles Verkaufspersonal einen starken Einfluss auf die Kauferfahrung haben. Durch den elektronischen Handel ist dieser direkte Kontakt zwischen Unternehmen bzw. deren Angestellten und Kund:innen fast vollständig abgebrochen. Komfort und Schnelligkeit haben damit die persönlichen Beziehungen abgelöst, und dies nicht immer nur zum Vorteil aller Beteiligten. Manche Kund:innen erwarten sich jedoch nach wie vor eine persönliche Betreuung, die im Zuge des Electronic Commerce aber immer weiter zurückgefahren wird. Hybride Lösungen wie ein 24 Stunden Kundenservice oder Live-Chats mit echten Mitarbeiter:innen sind für viele kleinere Unternehmen mit deren Webshops durch den hohen Aufwand nicht umsetzbar. Doch selbst bei diesen Lösungen bleibt es eine anonyme Stimme am Telefon oder ein Gesprächspartner im Chat mit dem wir interagieren anstatt eines echten Menschen, dem wir gegenüberstehen.
Für wen eignet sich E-Commerce?
Vorwiegend ist E-Commerce geeignet für alle Produkte, bei denen keine komplexe Kaufentscheidung notwendig ist und die man leicht versenden oder auf digitalem Weg konsumieren kann.
Die Vorreiter dabei sind natürlich Mode, Schmuck, Haushaltsgegenstände, Accessoires, Elektroartikel, etc. Durch immer effizientere Logistiklösungen sind auch sperrige und schwerere Produkte wie Möbel oder Trainingsgeräte mittlerweile im Electronic Commerce angekommen und werden problemlos online bestellt. Auch geographische Distanzen wurden in den letzten Jahren immer unbedeutender, da mittlerweile selbst Pakete aus China innerhalb von 5-10 Tagen bei uns ankommen. Am stärksten vertreten ist im E-Commerce daher das Segment der B2C Produkte, die direkt an den Endkunden geliefert und standardisiert hergestellt werden.
Viele Kund:innen möchten aber auch in der digitalen Welt ein Produkt vorher anfassen, probefahren oder anprobieren, bevor sie es tatsächlich kaufen. In Branchen, die sich nur bedingt für reinen E-Commerce eignen, haben sich daher in den letzten Jahren Hybridlösungen zwischen dem elektronischen und dem stationären Handel gebildet. Dabei können Kund:innen im Webshop das Produktsortiment betrachten und sich über Preise und Leistungseigenschaften informieren, während man in den stationären Geschäften die Ware abholen kann. Bei der Abholung kann das Produkt auch vorher getestet werden, in der Hand gehalten, anprobiert und mit den eigenen Augen betrachtet werden. Diese Form des E-Commerce ist vor allem für Unternehmen mit einem festen Filialnetz hilfreich, da sie ihren Kund:innen damit das Beste aus beiden Welten anbieten können und sich gegenüber dem reinen Onlinehandel klar abheben.
Für wen ist E-Commerce nicht geeignet?
Auch in einer digitalisierten Welt gibt es aber nach wie vor Produkte, die aufgrund der hohen Komplexität und Vielfalt in der Anwendung persönliche Beratung benötigen. Zusammengefasst kann gesagt werden, dass je mehr ein Produkt im individuellen Kundenauftrag hergestellt werden muss, desto weniger eignet es sich für den elektronischen Handel. Spritzgussmaschinen, Automatisierungsanlagen oder speziell entwickelte Softwarelösungen sind in der Regel so vielseitig und je nach Hersteller wieder verschieden, dass ein Kunde auch mit Hilfe von Youtube Videos oder Blogartikeln das Produkt von selbst nur unzureichend konfigurieren könnte, um es richtig und gewinnbringend einzusetzen. Diese Produkte sind vorwiegend in B2B Märkten vertreten und deren Einsatz orientiert sich vorwiegend an einem Return On Invest für den Käufer. Genau dafür ist allerdings eine professionelle Beratung durch ausgebildete Mitarbeiter:innen erforderlich, eine Analyse der Gegebenheiten vor Ort oder Ähnliches und dies lässt sich nicht in einem Webshop verpacken. Sehr wohl können aber auch diese Produkte durch beispielsweise Onlinemeetings oder AR-Technologie von elektronischen Lösungen unterstützt werden.
Ebenfalls weniger geeignet für den elektronischen Handel sind Produkte, die über ein Handelsnetz vertrieben werden müssen, weil sie vor Ort installiert, montiert und/oder serviciert werden müssen. Diese Tätigkeiten müssen vor Ort vom geschulten Fachpersonal übernommen werden und können nicht digital abgewickelt werden. In der Regel sind dies vor allem Produkte aus der Bauzulieferindustrie. Der jeweilige Händler kann die Produkte (falls diese standardisiert werden können) zwar vie e-Commerce an den Endkunden anbieten, die Hersteller können deren Handelsnetz jedoch nur sehr schwer auf rein digitalem Wege erweitern, da dies immer noch zu sehr auf persönlichen Beziehungen mit vertraglicher Grundlage etc. geschieht.
Auch gesetzliche Hindernisse können ein Problem sein, wenn auch nur zeitweise. Lange Zeit galt es als unmöglich, Medikamente online zu kaufen, weil die meisten im DACH Raum auf eine Verschreibung des Arztes hin ausgestellt werden. Mittlerweile gibt es eine breite Auswahl nicht-verschreibungspflichtiger Medikamente, die sich Konsument:innen jederzeit online bestellen können. Gesetzliche Schranken beim E-Commerce können sich auch immer wieder ändern, hier ist es vom jeweiligen Produkt und den rechtlichen Vorschriften des Landes abhängig.
Mögliche Hindernisse
E-Commerce betrifft nicht nur das Kundenerlebnis, sondern ändert auch interne Abläufe im Unternehmen grundlegend. Wer digital verkaufen will, braucht die dafür nötige Infrastruktur - angefangen mit einem optimal funktionierenden Webshop, dem richtigen Marketing und Vertriebskonzept bis hin zum Kundensupport telefonisch oder zumindest via E-mail. All diese Systeme brauchen eine entsprechende Prozessabwicklung und Logistik dahinter, bis hin zum digitalen After Sales und dem Follow-up mit Kund:innen.
Alle dafür notwendigen Prozesse müssen sich im Unternehmen digital abbilden lassen und fehlerfrei funktionieren, auch bei saisonal stark schwankendem Verkaufsvolumen mit dutzenden von Bestellungen innerhalb kurzer Zeit (Black Friday, Weihnachtseinkäufe, etc.). Damit stehen auch viele Unternehmen vor einer Herausforderung bei der aktiven Umsetzung eines E-Commerce Konzeptes. Vor allem noch eher traditionelle Branchen und Produktionsbetriebe haben aufgrund der bisher stark analogen Arbeitsweise oft Schwierigkeiten bei der Umsetzung.
Ein zentrales Problem bei der Umsetzung sind meistens die Schnittstellen der einzelnen Programme. Dein ERP System, dein digitales Warenwirtschaftssystem und dein Webshop sollten alle für mehr Effizienz im Unternehmen sorgen. Wenn diese 3 Programme jedoch nicht miteinander kommunizieren und Daten austauschen können, entsteht innerhalb kürzester Zeit ein gewaltiger Berg an Daten, der manuell in diese Systeme integriert oder übertragen werden muss, damit der Gesamtprozess im Unternehmen funktioniert. In solchen Fällen kann die Digitalisierung schnell nach hinten losgehen und viel mehr Aufwand erzeugen als der analoge Prozess. Nützliche Funktionen wie die Automatisierung können so für die Mitarbeiter:innen zum schlimmsten Albtraum werden, wenn sie beispielsweise automatisiert und hocheffizient neue Aufgaben erzeugen. Zusätzlich sind die meisten dieser Systeme sehr teuer und aufwändig in der Installation, was einen Wechsel der Anbieter im Nachhinein nur unter erheblichem zeitlichen und finanziellen Aufwand zulässt. Aus diesem Grund sollten die Programme, die beim E-Commerce helfen sollen, vorher genauestens analysiert und bereits getestet werden, bevor man sie als Standard für Unternehmensprozesse verwendet.
Bevor man sich in den elektronischen Handel stürzt, sollte man auch darauf achten, dass die analogen Prozesse und Abläufe im Unternehmen optimiert sind und reibungslos funktionieren. Digitale Tools sind hilfreich bei der weiteren Optimierung, können aber von selbst keine Probleme lösen. Es ist also unsere Aufgabe, diese Werkzeuge richtig einzusetzen und das meiste damit herauszuholen. Als Faustregel bei der Umsetzung gilt:
“Wer Mist digitalisiert, bekommt digitalisierten Mist.”
Digitale Tools, die bei der Umsetzung helfen
Hier sind die gängigsten Tools und Methoden, die ein Unternehmen bei der Transformation zum E-Commerce hin begleiten:
- Onlineshops: Als Dreh- und Angelpunkt der Kundenaktivität und Verkaufsabwicklung sind Onlineshops aus dem E-Commerce nicht wegzudenken. Ein effizienter Webshop ergänzt oder ersetzt die Homepage des Unternehmens, präsentiert Produkte, erstellt Rechnungen und wickelt Bestellungen ab. Heutzutage sind für den Aufbau und die Installation dieser Systeme keine Programmierkenntnisse mehr nötig. Stattdessen gibt es zahlreiche Cloud-Lösungen, mit denen nach dem Baukastenprinzip selbst Laien innerhalb weniger Stunden einen funktionalen Webshop erstellen können. Je nach Anbieter gibt es zahlreiche Funktionen und Apps, mit denen sich der Webshop individuell gestalten lässt. Doch Vorsicht: Nur einen Webshop erstellen, bringt noch keinen Umsatz - es müssen auch auf wiederkehrende Weise Besucher:innen in deinen Onlineshop kommen.
- ERP Systeme: Enterprise Ressource Planning (ERP) sind Softwarelösungen, mit denen Unternehmen auf digitale Weise Prozesse im Unternehmen steuern, einsehen, planen und überwachen können. Aufgabengebiete können im Projektmanagement sein, bis hin zur Buchhaltung oder auch Produktionsplanung. Der wesentliche Nutzen dabei ist ein automatischer Datenfluss zwischen einzelnen Abteilungen und Schnittstellen im Unternehmen. Dabei entsteht auch viel Potenzial zur Optimierung und Automatisierung von bestehenden Prozessen. Für viele Unternehmen sind diese Systeme deshalb zu einem unverzichtbaren Teil der Unternehmensführung geworden, auch ohne E-Commerce.
- Online Marketing: Um auch online von deiner Zielgruppe gefunden zu werden, muss dein Marketing auch auf den Plattformen vertreten sein, die deine Kund:innen nutzen. Die stärksten und bekanntesten Plattformen dabei sind Amazon, Google und soziale Medien wie Meta oder Tik Tok. Alle haben ihr eigenes Werbenetzwerk (Facebook Ads, Instagram Ads, TikTok Ads, Google Ads...) und jedes verhält sich wiederum etwas anders bzw. benötigt eine eigene Herangehensweise, um auf der Plattform erfolgreich zu sein. Was alle Programme aber gemeinsam haben, sind Daten über deine Zielgruppe oder auch jede beliebige Gruppe von Menschen, für die du dich interessierst. Weil diese Daten so zielgerichtete Werbung erlauben, sind digitale Anzeigen in den letzten Jahren zu einem sehr hart umkämpften Umfeld geworden. Dennoch gehören sie zum wichtigsten Repertoire aller Unternehmen, die in Zukunft auf Electronic Commerce setzen wollen. Neben den bezahlten Werbekanälen gibt es auch organische Online Marketing Maßnahmen, darunter SEO für E-Commerce. Damit ist die Suchmaschinenoptimierung von Onlineshops gemeint, sodass deine Produkte über die organische Google-Suche gefunden werden.
- CPQ-Software: Komplexe Produkte, die sich mit vielen individuellen Schritten an die Bedürfnisse der Kunden anpassen lassen, können mittlerweile auch im E-Commerce angeboten werden dank Configure-Price-Quotation Software. Die Erweiterung davon ist CPQ-E (engineering) Software, bei welcher auch die technische Abwicklung eines Produktes mit dabei ist. Richtig umgesetzt lassen sich damit auch für reine B2B Produkte mit vielen technischen Details wie Industrieanlagen über einen Konfigurator zumindest maßgeschneiderte Angebote erstellen. Beim CPQ-E kann dies sogar mit 3D Modellen ergänzt werden, die viele technische Bearbeitungen im Unternehmen vollständig automatisieren.
- Die Webseite des Unternehmens: Bei all den wundersamen, technischen Lösungen wird die eigene Webseite oft vernachlässigt. Dabei ist genau sie das digitale Gesicht des Unternehmens nach außen. Die Struktur, Inhalte und Art der darauf bereitgestellten Informationen können Kund:innen bei deren Kaufentscheidung stark beeinflussen. Eine starke Positionierung in den Suchmaschinen durch effizientes SEO kann dich außerdem von der Konkurrenz abheben, indem du leichter zu finden bist oder online hilfreichere Informationen bereitstellst für deine Zielgruppe.
- CRM Systeme: Um mit deinen Kund:innen in Kontakt zu bleiben, die E-Mail Adressen und Kontaktdaten zu sammeln und regelmäßiges Follow-Up aufrechtzuerhalten, sind Customer Relationship Management Programme unerlässlich. Sie helfen vor allem im Vertrieb und Marketing dabei, Kundenbeziehungen langfristig zu pflegen und helfen bei der regelmäßigen Interaktion mit deinem Kundenstamm. Vor allem für die After-Sales Aktivitäten und die Beziehungspflege zu Key Accounts sind diese Programme eine große Hilfe. Viele der Anbieter haben auch standardmäßig Schnittstellen in deren Programme eingebaut, um diese effektiv in das digitale Marketing, ERP Systeme und mehr zu integrieren.
Fazit
Ob wir wollen oder nicht - die Zukunft ist digital. Die Trends der letzten Jahre haben eindeutig gezeigt, dass immer mehr Wertschöpfung und wirtschaftliches Wachstum aus dem elektronischen Bereich erzeugt wird. Dabei helfen viele der Konzepte auch Zeit, Energie und Geld einzusparen und helfen somit letztendlich nicht nur Unternehmen, die ihren Profit maximieren möchten, sondern auch der Gesellschaft im Allgemeinen.
David Schneider
David A. Schneider hat über 13 Jahre Erfahrung im Vertrieb und digitalem Marketing. Sein erstes Unternehmen hat er mit 18 Jahren gegründet und derzeit eine leitende Funktion in einem Familienunternehmen mit 150 Mitarbeiter:innen. Sein Wissen teilt er als Autor, Blogger und Unternehmensberater mit seinen Kund:innen und Leser:innen.